Interview "Wladimir
Slavskij - Vizepra"sident russ. Skiverband"
"Ich ernte die Fru"chte meiner Hartna"ckigkeit"
Wladimir Slavskij ist so etwas wie die gro?e graue
Eminenz im russischen, oder besser: osteuropa"ischen,
nordischen Wintersport. Er hat Staaten kommen und
gehen gesehen, er war am Leben, als es die heute
120.000 Einwohner za"hlende Stadt Tschaikowsky
nur auf dem Rei?brett sowjetrussischer Architekten
gab, und er ist heute Vizepra"sident fu"r
Sprunglauf und Nordische Kombination im russischen
Skiverband.
Doch vor allem ist Slavskij heute eines: glu"cklich.
„Ich ernte die Fru"chte meiner Hartna"ckigkeit“,
und in der klaren, deutlichen, harten russischen
Stimme schwingt mit, was sein Land ebenfalls ausmacht:
Melancholie und Stolz.
Wa"hrend der internationale Skisprungzirkus
in Mitteleuropa und Skandinavien von einer Station
zur na"chsten hetzt, mit einigen russischen
Springern im Feld, passiert na"mlich gerade
in Tschaikowsky Revolutiona"res. „Sie mu"ssen
sich das mal vorstellen“, sagt Slavskij. „Das gibt
es einen Staat wie Russland, gro?, prominent, reich
– und der kann seinen eigenen Sportlern nicht mal
Trainingsmo"glichkeiten in der Heimat bieten.“
Dabei, so der altgediente Experte weiter, hat es
das alles schon gegeben. In Tschaikowsky war ein
Wintersport-Institut beheimatet, Fachleute arbeiteten
und forschten hier, und alle Skisportler – ob Alpine
oder Nordische – hatten hier eine verla"ssliche
Anlaufstelle. Sportler und Trainer der ehemaligen
UdSSR waren in Tschaikowsky daheim.
Der Blick zuru"ck passiert in Wehmut: „Das
war vor 30 Jahren, und nicht vieles ist seitdem
bis heute passiert. Es gab keine modernen Ausru"stungen
mehr, weil den Sportarten selbst immer weniger Bedeutung
zuteilwurde. Und nach dem Zerfall der UdSSR wurde
fast alles Alte ruiniert.“
Doch nun ist alles anders, und die Stimme Slavskijs
schla"gt vom Traurigen in das Euphorische um.
„Die Vergabe der Olympischen Winterspiele nach Sotchi
hat einen gro?en Impuls fu"r die Neugeburt
der Wintersportarten in der Region gebracht“, erza"hlt
er. „Die Region Perm hat sich an den Sportminister
gewandt, dieser hat dem Projekt zugestimmt, sodass
die Finanzierung gesichert war. Bezeichnend ist
der Name, unter dem die Nordische Wintersport-Initiative
(in der auch andere Standorte involviert sind) la"uft:
Erfolg.“ Erfolg in Sotchi.
Seit 2009 wurde geplant, ausla"ndische Fachleute
wie das Unternehmen Rehau oder die SKI-LINE der
Peter Riedel GmbH fu"r die Errichtung der Schanzen
gewonnen. „Und nun, im Februar 2012, sind wir in
der Lage, sagen zu ko"nnen: Die ersten Spru"nge
sind, auch vor Augen Wladimir Putins, gelungen!“,
jubelt Slavskij. „Am 20. Ma"rz finden hier
die russischen Meisterschaften statt, das wird ein
weiterer Meilenstein fu"r die Anlagen, die
auf den Namen ,Schneeflocke’ getauft wurden, werden.
Endlich, endlich haben die russischen Springer wieder
Trainingsmo"glichkeiten in der Heimat, und
Tschaikowsky ist der Vorreiter!“
Auf die Ski springenden Damen hofft Slavskij in
Sotchi, auf acht Ma"nner und auf den Kombinierer
Ivan Panin – „etwas sollte schon an Za"hlbarem
herauskommen“, sagt er. Doch neben dem wu"nschenswerten
sportlichen Erfolg sieht er die Zukunft Tschaikowsky
in rosaroten Farben. „Es gibt nicht nur die Schanzen,
sondern auch einen Biathlonkomplex, Freestyle-Anlagen
und vieles mehr. Das kann effektiv und profitabel
genutzt werden. Tschaikowsky soll zur Sport- und
Touristenstadt werden, weil die Landschaft pittoresk
ist und durchaus sehenswert. Hier hat man der Region
ein scho"nes Geschenk gemacht – jetzt muss
sie noch etwas daraus machen.“
Ob in Tschaikowsky irgendwann mal, 2021 oder 2023
oder so mal auch Nordische Ski-Weltmeisterschaften
stattfinden werden, wei? Slavskij nicht zu beantworten.
„Gehen wir mal Schritt fu"r Schritt vor – Sommer-GP
im Herbst COC na"chsten Winter, weitere internationale
Wettka"mpfe, wenn die FIS uns den Zuschlag
erteilt. Und was eine WM angeht: Sicher wa"re
es ein Traum, von der Region, der Stadt, von mir.
Doch um diese Weltmeisterschaft werden sich viele
russische Orte balgen…“
Was bleibt, ist somit nicht das Historische, das
erreicht werden muss, sondern das Historische, das
bereits geschaffen wurde. „Wir schreiben die Geschichte
des Skispringens in Russland neu. In den na"chsten
fu"nf bis zehn Jahren werden wir sehr viel
aufholen auf internationalem Niveau, das, was in
Vergangenheit versa"umt wurde. Mein perso"nlicher
Traum wird wahr.
Slavskij la"chelt und ist zufrieden. Wie er
schon sagte: „Ich ernte die Fru"chte meiner
Hartna"ckigkeit.“
Ski-line.info,
21.02.2012
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