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Rückblick: Eine Olympia-Saison mit vielen Überfliegern

Stoch, Freund, Prevc, Kasai, Schlierenzauer und Morgenstern sind nur einige Namen, die eine ereignisreiche Saison 2013/2014 geprägt haben. skispringen.com blickt zurück und analysiert – die Gewinner und Verlierer im Überblick.

122 Tage, 37 Wettbewerbe, drei Höhepunkte: Vor einigen Tagen ging eine lange und ereignisreiche Skisprungsaison zu Ende. Neben dem Weltcup lag der Fokus der Nationen insbesondere auf der Vierschanzentournee, den Olympischen Winterspielen in Sotschi und der Skiflug-Weltmeisterschaft in Harrachov. Die Überflieger der Saison heißen: Kamil Stoch, Thomas Diethart, Severin Freund, Peter Prevc und Noriaki Kasai.

Einen Dauersieger wie der Österreicher Gregor Schlierenzauer in der vorherigen Saison gab es diesmal nicht. So trugen sich gleich 14 Springer aus acht Nationen in die Siegerlisten ein. Aber nur einer krönte sich nach einer großartigen Saison zum "König" der Springer.

Kamil Stoch und Peter Prevc im Zweikampf

Erst streckte er es in die Höhe, dann folgte ein Küsschen auf das gläserne Kunstwerk: Kamil Stoch war am Ziel seiner Träume angekommen. Er holte sich den Gesamtweltcup und durfte sich über die große Kristallkugel freuen. Den Grundstein dafür legte er mit sechs Saisonsiegen sowie neun Platzierungen unter den Top-Fünf. Das Gelbe Trikot des Weltcupführenden war während der Saison heiß begehrt und zugleich hart umkämpft – insbesondere im Duell zwischen Stoch und dem Slowenen Peter Prevc ging es lange heiß her. Die endgültige Entscheidung fiel schließlich am ersten von drei Wettkampftage beim Saisonfinale in Planica. Stoch reichte der vierte Platz, um sich vorzeitig den ersten polnischen Gesamt-Weltcupsieg seit Adam Malysz vor sieben Jahren zu sichern.

Im Team ganz stark: Österreich eroberte sich den ersten Platz in der Teamwertung zurück. Im Vorjahr hatten sich noch die Norweger um Cheftrainer Alexander Stöckl mit einem knappen Vorsprung von sechs Zählern an die Spitze gesetzt. Die Österreicher gaben nun wieder den Takt vor: In den vier ausgetragen Mannschaftswettbewerben im Weltcup standen sie zweimal ganz oben auf dem Podest. In die Nationenwertung flossen aber nicht nur die Ergebnisse aus den Teamspringen ein, sondern auch die Punkte aus den Einzelspringen. Dort präsentierte sich die Mannschaft von Cheftrainer Alexander Pointner vor allem in der Breite sehr gut aufgestellt. 

Die abgelaufene Serie bot aber noch weitaus mehr: einen deutschen Auftakt, einen österreichischen Shootingstar, einen doppelten Olympiasieger sowie eine deutsche Mannschaft, die sich nervenstark präsentierte und dafür golden belohnt wurde. Außerdem einen wie von einer Last befreiten Severin Freund, zwei japanische Oldies und vier Abschiede. Und, nicht zu vergessen, einen vom Sturzpech verfolgten Thomas Morgenstern.

Auftakt in Klingenthal: Diskussionen um Schlierenzauer und Bardal

Mal was Neues ausprobieren, mal neue Wege gehen: Das dachte sich wohl auch der Internationale Skiverband (FIS), als er sich entschied den Saisonauftakt aus dem Norden Europas erstmals nach Klingenthal zu vergeben. Eine mutige Entscheidung, die zumindest mit einem kleinen Restrisiko verbunden war. Doch der Veranstalter sorgte vor, bunkerte 16.000 Kubikmeter Schnee am Rande der Schanzenanlage im Wald. Somit wurde der Weltcup schlussendlich gesichert, doch ein Auftakt nach Maß hätte anders ausgesehen: Der wechselhafte Wind im Einzelspringen am Sonntag sorgte nicht nur für reichlich Unbehagen, sondern auch für viele Diskussionen abseits der Schanze.

Leidtragende: Anders Bardal aus Norwegen und der Österreicher Gregor Schlierenzauer, die nach einer starken Windphase lange warten mussten – und sich dann überraschend entschieden, auf ihren Start zu verzichten. Zuvor war bereits Schlierenzauers Teamkollege Andreas Kofler nach seiner Landung gestürzt und mit hoher Geschwindigkeit in die Bande geprallt. Der Schneefall wurde stärker. Ebenso der Wind, so dass die Jury den zweiten Durchgang absagte. Allerdings erst nach starkem und zahlreichem Protest der Trainer und der Offiziellen.

Ein Flachlandtiroler düpiert alle

Nicht etwa Schlierenzauer oder Morgenstern sorgten aus österreichischer Sicht bei der Vierschanzentournee für Schlagzeilen. Für Aufsehen sorgte ein anderer junger Österreicher – Thomas Diethart, der bei seinem Debüt mal locker die prestigeträchtige Tournee rockte. Und bei dem man sich unweigerlich fragte: Wer ist das eigentlich? Die einen schrieben vom "Nobody" oder vom "Flachländer als Shootingstar", die anderen von einem, der "aus dem Nichts kam und an allen Favoriten vorbeizog". Aus dem Nichts kam er für die Skisprung-Insider, die auch den zweiklassigen Continentalcup im Blick haben, sicherlich nicht. Mit zwei sechsten Plätzen zum Auftakt im norwegischen Rena machte er Mitte Dezember auf sich aufmerksam.

Nun stand der Senkrechtstarter plötzlich ganz oben. Nicht im Continentalcup, sondern eine Liga höher. Der 21-Jährige begeisterte aber nicht nur seinen Trainer Pointner, sondern auch die Zuschauer im Stadion und vor den Mattscheiben, die sich sicherlich nicht nur einmal verwundert die Augen rieben. Schon zur Halbzeit deutete sich eine faustdicke Überraschung an, Diethart führte das Klassement nach dem Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen an. Nach dem Abschlussspringen in Bischofshofen war die Sensation perfekt. Und ein neuer Stern strahlte am österreichischen Skisprunghimmel.

Der Überraschungsmann: Noriaki Kasai siegt mit 41

Schon etwas länger funkeln dort zwei japanische. Eine deutsche Tageszeitung überschrieb ihren Beitrag so schön mit: "Die Tournee der alten Männer." Damit waren unter anderem Noriaki Kasai und Takanobu Okabe, die mit 41 und 43 Jahren zu den ältesten Springern im Feld gehörten, gemeint. Kasai muss man wohl zu der größten Überraschungen der vorigen Weltcup-Saison zählen. Trotz des hohen Alters war er in der Lage mit den besten Skispringern der Welt mithalten, das beeindruckte zahlreiche Beobachter. In Titisee-Neustadt stand Kasai auf dem Podest – und auch in mehreren Trainingsdurchgängen wusste er zu überzeugen. Bei der Tournee sprang er kontinuierlich unter die Top-Ten, er belegte im Endklassement einen respektablen fünften Platz.

Kasai bricht alle Rekorde – Altersrekorde. Nach der Tournee sorgte der Altmeister beim Skifliegen am Kulm für Glücksmomente, als er nach fast zehn Jahren wieder einen Sieg feierte. Womit er den Altersrekord seines Landsmanns Okabe übertrumpfte, der 2009 in Kuopio mit 38 Jahren einen Sieg errungen hatte. Kasai ist damit der mit Abstand älteste Sieger eines Weltcup-Skispringens. Und er setzte bei den Olympischen Spielen in Sotschi noch einen drauf: Mit dem Gewinn der Silbermedaille im Einzel von der Großschanze und der Bronzemedaille mit dem Team ist er der älteste Medaillengewinner im Skispringen aller Zeiten.

Severin Freund: Olympia-Gold erst Startschuss

Apropos Medaillen und Titel: Einige Wochen vor dem Saisonauftakt in Klingenthal blickte der deutsche Bundestrainer Werner Schuster optimistisch auf die kommenden Aufgaben. "Wir sind jetzt in der Lage, mit dieser jungen Mannschaft Erfolge feiern zu können. Es ist Zeit für einen großen Titel." Besonders hatte Schuster, na klar, Olympia im Blick: "Ich hoffe, dass mindestens einer unserer Sportler das optimale Timing erwischt, dass er diesen Schritt aus der Reihe hervortritt und sich den Lohn abholt."

In den Einzel-Wettkämpfen hatte sich Severin Freund eine ausgezeichnete Ausgangsposition verschafft. Auf der kleinen Anlage verhinderte ein Sturz und auf der Großschanze ein nicht perfekter Sprung einen Podestplatz. Die große Stärke lag im Team, dass sich einen dramatischen Zweikampf mit Österreich lieferte. Die Beobachter warfen der deutschen Mannschaft oft vor, in den entscheidenden Momenten nicht nervenstark genug zu sein, um den auch teilweise selbst auferlegten Druck standzuhalten. Schlussspringer Severin Freund hatte es als Führender im zweiten Durchgang in der Hand, den verdienten Lohn für das Team um Andreas Wank, Andreas Wellinger und Marinus Kraus abzuholen.

Freund zeigte sich nervenstark, sprang in den Weitenbereich, der für Gold eingeblendet wurde. Der bange Blick ging anschließend Richtung Anzeigetafel: Würde die Weite für Gold reichen? Sie reichte, die aufblinkende Eins schien wie eine Erlösung für das Team und ganz besonders für Freund zu sein. Wie sich 25-Jährige nach Olympia präsentierte, erzeugte den Eindruck: Jetzt geht die Saison für ihn erst richtig los. Mit was für einer Selbstverständlichkeit er seine Sprünge abspulte, das war schon beeindruckend. Der Lohn: vier Saisonsiege sowie vier weitere Podestplätze.

Und das i-Tüpfelchen folgte bei der Skiflug-Weltmeisterschaft: Freund triumphierte nach einem verkürzten Wettbewerb, zwei statt vier Springen, in Harrachov. Der starke Schlussspurt lohnte sich ebenso in der Gesamtwertung. Versüßt wurde ihm dieser mit dem dritten Platz. Eine Saison, die für den Bayer, nicht schöner hätte enden können. Und für Schuster sicherlich auch nicht.

Stoch übertrifft Vorbild Malysz

Was Freund für Deutschland, ist Stoch für Polen – ein Superadler. Nicht nur, dass der 26-Jährige den Gesamtweltcup gewann, er räumte auch bei Olympia kräftig ab. Wie schon der Schweizer Simon Ammann darf sich nun auch Stoch Doppel-Olympiasieger nennen. Das Kunststück gelang noch nicht einmal seinem Landsmann und großem Vorbild Adam Malysz, dem Gold bei seinen drei Olympia-Einsätzen stets verwehrt geblieben ist. Hinter Stoch liegt eine Saison, die eigentlich kaum noch Steigerung zulässt.

Es gab aber nicht nur Höhenflüge zu erleben. Vor allem die Finnen werden mit den Leistungen trotz der Rückkehr von Routinier Janne Ahonen und einem Weltcupsieg von Anssi Koivuranta nicht zufrieden sein. Die bittere Erkenntnis: Der erhoffte Schub durch das Comeback von Janne Ahonen ist – bis auf wenige Ausnahmen – ausgeblieben.

Öffentlicher Konflikt: Schlierenzauer vs. Pointner

Zufriedenheit sieht anders aus – auch bei Gregor Schlierenzauer aus dem erfolgsverwöhnten österreichischen Team. An die grandiose Vorjahressaison konnte der 24-Jährige nicht anknüpfen. Lediglich zwei Weltcupsiege standen nun für ihn zu Buche. Da hatte er sich auch im Hinblick auf die drei Großereignisse sicherlich mehr versprochen als nur die Silbermedaille im Team bei Olympia. Zu oft haderte er nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit anderen Faktoren: Zuletzt sorgte immer wieder ein teils öffentlich ausgetragener Konflikt mit Cheftrainer Alexander Pointner für Schlagzeilen.

Was Thomas Morgenstern in den vergangenen vier Monaten gleich zweimal erlebte, hätte sicherlich den einen oder anderen Aktiven schon zum Rücktritt von der aktiven Karriere bewogen. Den 27-Jährigen nicht. Er kämpfte sich beide Male zurück in den Skisprungzirkus. Und wie: Ein schwerer Sturz in Titisee-Neustadt, gefolgt vom zweiten Platz in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee. Beim Skifliegen am Kulm stürzte er erneut schwer, verbrachte einige Wochen im Krankenhaus. Den Traum von Olympia hatte er trotz seines Sturzes nicht ausgeträumt. Er flog mit nach Sotschi, es folgte eine Silbermedaille im Team-Wettkampf. Danach beendete er die Saison vorzeitig – zur intensiven Aufarbeitung und um sich Gedanken über seine Zukunft zu machen.

Fünf Top-Athleten machen Schluss

Martin Schmitt (Deutschland), Martin Koch (Österreich), Takanobu Okabe (Japan), Bjoern Einar Romoeren (Norwegen) und Ilja Rosliakov (Russland) haben sich über ihre Zukunft bereits Gedanken gemacht. Alle fünf Athleten wird man auf den Schanzen dieser Welt nicht mehr springen sehen, sie erklärten nach dieser Saison ihren Rücktritt vom aktiven Skispringen.

Skispringen.com, 05.04.2014


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